Erfolgsstrategien für DJs und Events

Analyse der Probleme und Ursachen 35 Diese einmaligen Erfahrungen, nach denen sich heutige Disco-Besucher sehnen, stellen eine Form von Eskapismus dar, welche gemäß einschlägiger Szene-Beobachter nicht selten mit exzessivem Drogenkonsum einhergehen.245 Die Disco-Besucher wünschen sich vermehrt, dass sie der DJ in einen Zustand der Ekstase versetzt, um ihrem zunehmend stressigeren Alltag zu „entfliehen“, d. h. kurzfristig diesen zu vergessen.246 Dies gilt auch für Besucher, die durch eine bürgerliche Existenz jenseits des Wochenendes geprägt sind.247 Hieraus lässt sich die folgende Hypothese, die im empirischen Teil überprüft wird, ableiten. H3: Besucher von elektronischen Musikveranstaltungen zeigen eine große Erwartungshaltung hinsichtlich des durch den DJ erzeugten einmaligen Erlebnischarakters eines Abends. Die zunehmende Erlebnisorientierung der Disco-Besucher stellt DJs vor große Herausforderungen, denn sie haben entsprechend sehr konkrete Vorstellungen, die bis in die Mitgestaltung der Musikauswahl hineinwirkt.248 Die Erwartungsinflation249 der Disco-Besucher führt im Endeffekt zu ihrer Unzufriedenheit, denn gewisse Erlebnisse bzw. vermittelte Emotionen lassen sich durch DJs nicht steigern. Da Clubs – wie Kapitel 4.4.2 zeigen wird – oftmals uniforme Veranstaltungsformate anbieten und DJs den an sie – wie Kapitel 4.3.2 verdeutlichen wird – gestiegenen Anforderungen (z. B. Entertainment-Leistungen) oftmals nicht gerecht werden, wird das Bedürfnis nach Erlebnissen folglich nicht befriedigt. Dies stellt eine Ursache der in Kapitel 3 aufgezeigten negativen Entwicklungen der Szene dar. Es erklärt, warum Festivals trotz ihres Massen-Charakters an Beliebtheit gewinnen, denn das Erlebnis steht im Gegensatz zur Musik im Vordergrund.250 4.2.1.3 Illoyalität Die angesprochene Erwartungsinflation zeugt von steigenden Anforderungen der heutigen Gesellschaft gegenüber Anbietern. Aufgrund der durch z. B. das Internet induzierten Transparenz 245 Vgl. Experteninterview 3 (Anhang 6); Vitos (2014), S. 2 ff.; Paulsson (2013), S. 282; O'Grady (2012), S. 97; Lill (2011), S. 38; Montano (2011), S. 65; Gregory (2009), S. 69; Nieswandt (2002), S. 13; Niemczyk (1999), S. 297; Schilling (1986), S. 15, 59; Franz et al. (1980), S. 123. 246 Vgl. Schneider (2013), S. 61; DJ T (2009), S. 41; Wilke (2009), S. 329; Hinz (2002), S. 150 f.; Robb (2002), S. 141; Franz et al. (1980), S. 80; Mezger (1980), S. 147. Sicko (1999), S. 32 führt hierzu aus: „finding escape and release in music.“ 247 Vgl. DJ T (2009), S. 41; Lill (2011), S. 42. 248 Vgl. Experteninterview 1 (Anhang 4). Ein weiterer interviewter Experte (Anhang 6) gibt an: „Wenn die Leute zum DJ kommen, haben sie ein Handy in der Hand und zeigen Tracks, die er spielen soll.“ 249 Nicht nur DJs und Veranstalter sind von der Erwartungsinflation betroffen, sondern im Endeffekt viele Branchen; vgl. Kumar, Reinartz (2012), S. 8. 250 Vgl. Experteninterview 3 + 6 (Anhang 6 + 11); Montano (2011), S. 84.

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